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Emotionale Vernachlässigung und Märchen - Das hässliche Entlein

Maria Weidinger • Feb. 26, 2023

Märchen haben mir immer wieder seelische Verletzungen aus meiner emotionalen Vernachlässigung, die ich in meiner Ursprungsfamilie erfahren habe, angezeigt. Sie gaben und geben mir aber auch Hilfen und Mut, weiterzumachen und geben Hinweise zu einer möglichen Lösung.


In diesem Blogartikel beschäftige ich mich mit dem Märchen "Das hässliche Entlein", ein Kunstmärchen des dänischen Autors Hans Christian Andersen.


  1. Inhalt in Kurzform
  2. So hat mich das Märchen gefunden
  3. Die Lösung im Märchen: Hoffnung
  4. Die Lösung im Märchen: Glaubenssätze überwinden
  5. Die Lösung im Märchen: Die eigene(n) Stärke(n) erkennen
  6. Die Lösung im Märchen: Ich selbst sein
  7. ...und lebten glücklich: Ausblick


1. Inhalt in Kurzform

Eine Entenmutter brütet in ihrem Nest die Eier aus. Ein Ei ist viel größer als die anderen und es dauert länger, bis das Küken ausschlüpft. Aber so ein Schreck! Dieses Küken sieht ganz anders aus, im Vergleich mit den anderen Entlein ist es häßlich! Die Entenmutter stellt aber fest, dass es ebenso gut schwimmen kann wie alle anderen und nimmt es als Kind an. Aber weil die anderen Tiere am Hof immer wieder mobben und picken und kritteln wird es mit der Zeit auch der Entenmutter zuviel. Das häßliche Entlein fühlt sich einsam und allein und fliegt über die Hecke, um zu sterben. Eines Tages sieht es Schwäne fliegen und verspürt eine große Sehnsucht im Herzen. So möchte es auch gerne sein. In einer ärmlichen Hütte bei einer Frau mit ihrer Hauskatze und dem Haushuhn findet das häßliche Entlein zunächst Unterschlupf. Es erzählt davon, wie gerne es schwimmt und taucht. Das gefällt aber den Haustieren gar nicht und aufgescheucht flieht das häßliche Entlein wieder hinaus in die raue Natur. Es wird Winter und das häßliche Entlein schwimmt und schwimmt, um nicht einzufrieren auf dem Teich. Zum Glück rettet ein alter Mann das Tierchen. Es fühlt sich auch da nicht wirklich wohl, aber es überlebt und fliegt im Frühjahr in einen Garten. Da sind wieder die Schwäne! Verzweifelt beschließt das vermeintliche Entlein, durch deren Schnäbel zu sterben. Doch die nehmen das Tierlein liebevoll und froh in ihren Kreis auf. Denn das Entlein ist eigentlich ein Schwan.



2. So hat mich das Märchen gefunden

"Wunderwelt der Märchen" heißt mein Märchenbuch aus Kindertagen. Wunderbare Bilder sind darin und wunderbare Märchen und Sagen und Geschichten aus aller Welt. Und ein Märchen ist "Das hässliche Entlein". So traurig machte es mich immer und doch wollte ich es immer wieder lesen.

Als Erzählerin habe ich mich lange davor gescheut, es zu erzählen. Zum Märchenspaziergang am Valznerweiher 2023 habe ich es dann aber getan nach intensiver Beschäftigung. Denn es ist - wie so viele von Andersens Märchen - ein trauriges, aber es spendet auch Hoffnung und Trost. Davon will ich Dir nun erzählen:


3. Die Lösung im Märchen: Hoffnung

Sieh dort, die Schwäne! Wie schön sie sind! Die führen das Leben, das ich auch gerne hätte. Es gibt sie, sie können das. Aber ich bin nicht gut genug dafür, bin zu klein, zu unscheinbar, alle hacken nur auf mir herum. Da bin ich lieber allein. Und schau, ich komme ganz gut klar, werde stärker, komme weiter. In den richtigen Momenten finde ich Schutz bei anderen. Aber es ist nicht mein Platz, ich muss weiter, weiter suchen. Diese anderen wollen, dass ich mich ihnen anpasse. Aber ich bin anders, kann mich eine Zeit lang anpassen, aber auf Dauer passt es eben nicht. Und obwohl das Entlein am liebsten sterben will, paddelt es auf dem frierenden Teich und paddelt und paddelt mit den Füssen.


Was ist es, das das Entlein immer weitermachen läßt? Was ist es, das mich immer hat weitermachen lassen? Oft war mir schon nach aufgeben zumute, hab ich gedacht "Ich kann nicht mehr!". Und doch steh ich dann wieder auf und gehe meinen Weg weiter. Es ist eine Hoffnung in mir, ein tiefes Vertrauen in das Leben, das Universum, Gott, dass es auch für mich einen passenden Platz gibt in dieser Welt, und immer wieder Hoffnungsschimmer, Zeichen, Sehnsuchtsrufe. Und wie das Entlein bin ich in die Welt hinaus gegangen, probiere unterschiedliche Dinge aus, versuche meinen Blick zu weiten, nehme Hilfsangebote dankbar an und gehe weiter wenn es doch nicht passt.


Das Entlein in seiner Nest-Familie: Es gehört dazu und doch irgendwie nicht. Es verbringt seine Zeit dort, bekommt zu essen, bekommt aber keine wirkliche Unterstützung bei seinen Problemen. Wie fühlt es sich da? Ich erkenne hier eine Parallele zu meinem Umgang damit: Rückzug, mich klein machen. Das Entlein müsste doch eigentlich aufschreien vor Wut und aufstampfen und sagen: "So bin ich halt!" In meiner Familie wußte ich nie, wo mein Platz ist. Meine Mutter war schon 39 bei meiner Geburt, meine Geschwister 12,14 und 17 Jahre älter. Meine Eltern waren immer so alt wie die Großeltern von FreundInnen und dann habe ich mich eher als Einzelkind gefühlt mit Geschwistern, die wie Bekannte was mit mir unternehmen. Das Entlein darf 'mitlaufen' in der Familie, darf entische Unternehmungen mit machen; aber wie es sich fühlt, wie es mit der Wut umgeht, wie es mit der Einsamkeit umgeht, mit eigenen Wünschen, wie es Bedürfnisse ausdrücken kann, das zeigt ihm niemand. Damit ist es allein. Der Umgang mit den Emotionen wird vernachlässigt.


Öfters kam der Gedanke auf, wie schön es wäre, so zu sein wie die anderen. Zur Arbeit gehen, Urlaub, Sport, Mann, Kinder. Im Märchen versucht das Entlein auch, ein Haustier zu sein (wie Katze und Huhn). Aber es will tauchen und schwimmen! Warum können Katze und Huhn das nicht akzeptieren!?  Das Entlein darf nicht zeigen, was es noch alles in sich hat. Also weiter, immer weiter!


Von der Erzählerin Reingard Fuchs habe ich folgendes Lied und den Tanz dazu übernommen. Wir singen und tanzen es immer gemeinsam zum Abschluss jeden Märchenspazierganges:

Ich habe Hoffnung in meinem Herzen, jede Stunde, jeden Tag.
Ich habe Hoffnung in meinem Herzen, jede Stunde, jeden Tag.
Hoffnung, die die Welt nicht geben kann, Hoffnung, die die Welt nicht nehmen kann.
Ich habe Hoffnung in meinem Herzen jede Stunde, jeden Tag.


Und du bist eingeladen, mit mir von meinem obersten Wert zu singen:

Ich habe Freude in meinem Herzen jede Stunde, jeden Tag.
Ich habe Freude in meinem Herzen jede Stunde, jeden Tag.
Freude, die die Welt nicht geben kann, Freude, die die Welt nicht nehmen kann.
Ich habe Freude in meinem Herzen jede Stunde, jeden Tag.



4. Die Lösung im Märchen: Glaubenssätze überwinden

So viele Glaubenssätze blockieren uns, jeder hat so seine eigenen. Ich habe auch welche:


"Was sollen denn die Nachbarn denken?" fragt sich die Entenmutter und auch meine Eltern haben das immer gesagt. In einem Dorf wird halt viel geredet und die Enge des Bauernhofes im Märchen gibt zwar Schutz, engt aber eben auch ein. Inzwischen ist es mir (meist) egal, was andere denken und ich erzähle frei, was ich alles mache, auch wenn ich weiß, dass viele Leute mit solchem spirituellen Tun wenig bis nichts anfangen können. "Tu was du willst" ist ein viel schönerer Glaubenssatz aus "Die unendliche Geschichte". In dieser Form kommt er im Märchen "Der Trommler" vor, zu dem ich ebenfalls einen Blogartikel verfassen werde.


"Das kannst Du nicht" musste ich mir immer wieder anhören und führte dazu, dass ich mich auch heute oft noch nicht gut genug fühle.

"Ich kann das nicht" ist mein übernommener Satz. Wenn mir Logopädie-Kinder das entgegneten, wenn ich mit ihnen einen Laut üben wollte, habe ich daraus ein "Das kannst du NOCH nicht" gemacht.


"Ich bin nicht gut genug" kommt, weil ich nicht genug bekommen habe an Umarmungen und unterstützenden, wohlwollenden Worten und Handlungen. Eine Ausbildung nach der anderen mache ich, doch um so zu leben, wie ich wirklich will, reicht es nicht. Perfektionismus und immer noch mehr korrigieren und nachbessern, ständige Gedankenkreise ob ich es richtig mache oder es noch eine Alternative gibt. "Besser fertig als perfekt" (ein Ausspruch von ??? weiß ich gerade nicht) hat mir geholfen, etwas erst einmal stehen zu lassen, einen Bericht abzugeben oder ähnliches. Und wenn es tatsächlich etwas zu verbessern gibt kann es danach immer noch geschehen. Aber mit mehr Ruhe.


"Ich bin nicht wertvoll" Die ewige Opferrolle, das jammernde Wesen. Ich bin aus Sternenstaub und wert, geliebt und angenommen zu werden. Ich darf auch nehmen, denn dann kann ich geben. Welchen Wert habe ich, hat meine Arbeit? Auch Schwierigkeiten bei Honorarverhandlungen resultieren daraus. Wobei ich gelernt habe, dass das ein allgemein weibliches Problem ist. Ich werde besser darin und traue mich immer mehr zu verlangen, was mein Tun wert ist.


Stefanie Stahl mit ihrem Buch "Das Kind in dir muss Heimat finden" hilft, Glaubenssätze aufzuspüren und umzuwandeln. Ich selbst habe auch mit dem Arbeitsbuch gearbeitet.

Byron Katie und ihre "The Work" geht Glaubenssätze direkt an. Robert Betz und Moritz Boerner erklären das Prinzip sehr nachvollziehbar und mit Humor auf Deutsch.

5. Die Lösung im Märchen: Die eigene(n) Stärke(n) erkennen

Die Flügel werden immer stärker und eigentlich will ich lieber schwimmen und tauchen als am Hof herumzusitzen.


Natürlich ist es viel bequemer am warmen Ofen. Nach meiner Scheidung war ich zum allerersten Mal ganz allein. Und das war gut so! Was ich alles konnte (und kann): eine Wohnung besorgen, mich ums Auto kümmern, Öl nachschauen, Lampen montieren, Wände streichen, mit Ämtern telefonieren... Mein blinder Kater Anton war der beste Lehrer für Abenteuerlust und Lebensfreude. Der ließ sich von seinem Handicap einfach nicht aufhalten! Ich probiere auch gerne Neues aus. Was ich schon alles gemacht habe, das ist eine wirklich lange Liste und füllt mehrere Seiten in meinem Scanner-Projektbuch (dazu eine Buchempfehlung). Abenteuerliche Sachen wie Rafting und Wildwasser-Kanufahren, Tauchen und Motorradfahren. Aber auch 'normale' Sachen wie Ur- und Frühgeschichte studieren, Märchenerzählerin werden, Vorträge und Workshops halten, bloggen, käsen lernen, im Tierheim helfen. Dinge, die andere für mutig halten: den lebenslangen Beamtenstatus aufgeben, alleine verreisen, Improtheater. Dinge, die viele seltsam finden und von sich aus lieber nicht genauer nachfragen: telepathische Tierkommunikation, Tarot legen. Wie du siehst, kann ich das hier ohne Schwierigkeiten aufzählen. Ich verstecke mich nicht mehr soo sehr. Sich sichtbar machen ist immer aufregend, mit Herzklopfen verbunden und auch langjährigen Profis geht es so. Lampenfieber ist so gesehen eine gute Sache, sie läßt uns aufmerksam bleiben.


Nur durchs ausprobieren kann ich herausfinden, was mir gefällt, was mir liegt, was mir bleibt und was schön war, einmal auszuprobieren.

Für den Alltag hilft es, kleine Dinge einmal anders zu machen, wie gewohnt. Überleg mal, was das bei dir sein könnte!?



Das Entlein musste alleine zurecht kommen. Es lernte all-ein zu sein. Diese Stärke hat es nur durch das 'Anderssein' erhalten. Ein Fluch? - Ein Segen?

Das Angenommensein unter Seinesgleichen tut so gut! Das Lob und die Anerkennung der Kinder am Ende des Märchens geben noch etwas dazu.


6. Die Lösung im Märchen: Ich selbst sein

"...Daran sieht man, daß es gar nichts ausmacht, in einem Entennest geboren zu sein, wenn man aus einem Schwanenei ausgebrütet wurde..."


Authentisch sein - mit allen Facetten und allen Emotionen. Egal, was andere dazu sagen. Egal, ob sie im allgemeinen positiv oder negativ besetzt sind.

Ich gehe meinen Weg...



7. ...und lebten glücklich: Ausblick

Mit diesem Blogartikel wollte ich zeigen, wie sich die emotionale Vernachlässigung (oder auch: fehlende Mutterliebe), die ich als Kind und Jugendliche erlebt habe, auf mein Leben als Erwachsene noch immer auswirkt. Du konntest lesen, wo ich mich damit im Märchen "Das hässliche Entlein" wieder-ent-deckt habe. Die Lösungshinweise aus dem Märchen führten mich auf den Weg der Heilung. Heute lebe ich glücklich, zumindest viel glücklicher.


In diesem Blogartikel kannst Du über meine Erfahrungen in der Kindheit lesen.


Vielleicht bist Du auch betroffen von emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit und suchst noch nach Lösungswegen. Gerne begleite ich Dich dabei mit diesem oder einem anderen passenden Märchen. Melde Dich bei mir!


In diesen Blogartikeln zum Thema "Emotionale Vernachlässigung und Märchen" kannst Du noch mehr entdecken:

Die Gänsehirtin am Brunnen

Das hässliche Entlein

Die Strahlenperle

Der Trommler

Der Tontlawald

- werden verlinkt sobald ich die Artikel veröffentliche -


Fehlende Mutterliebe oder emotional vernachlässigt - Persönliche Erinnerungen


Perle in goldener Muschel
von Maria Weidinger 30 März, 2023
Mein Blogartikel fasst den Inhalt des tibetischen Volksmärchens "Die Strahlenperle" zusammen und zeigt auf, wo ich mich mit meiner emotionalen Vernachlässigung in diesem Märchen wiederfinde. Das Märchen zeigt Lösungen auf, die ich erkläre und ausführe, so dass andere Betroffene für sich selbst Lösung und Heilung finden können.
Gänse auf Wiese
von Maria Weidinger 02 Feb., 2023
Mein Blogartikel fasst den inhalt des Märchens "Die Gänsehirtin am Brunnen" zusammen und zeigt, wo ich mich mit meiner emotionalen Vernachlässigung im Märchen wiederfinde. Mein Blogartikel zeigt Lösungswege auf, die das Märchen erzählt. Dabei tauche in die Bildsprache des Märchens ein und erkläre sie.
von Maria Weidinger 28 Dez., 2022
Ich erzähle von meiner Kindheit und jungem Erwachsensein. Welche Erlebnisse zeigen die fehlende Mutterliebe, die Vernachlässigung der Emotionen. Meine Erfahrungen in der Familie und Therapie.
von Maria Weidinger 15 Dez., 2022
Reiki in meinem Alltag
von Maria Weidinger 01 Sept., 2022
Viele haben den Begriff Reiki schon einmal gehört oder gelesen. Aber was ist das eigentlich, wozu ist es gut? Mein Blogartikel beantwortet kurz und anschaulich diese und andere Fragen rund um Reiki.
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von Maria Weidinger 01 Sept., 2022
Ich erzähle, was im Monat August 2022 alles passiert ist. Ich habe Herbert Pixner nach dem Konzert des 'Herbert Pixner Projekt' im Serenadenhof Nürnberg getroffen, habe den Mittelaltermarkt und die Katapultschüsse bei 'Collis Clamat' in Wunsiedel erlebt und Sagen bei einem Altstadtrundgang in Altdorf bei Nürnberg erzählt.
Märchen sind für Kinder UND Erwachsene
von Maria Weidinger 15 Aug., 2022
"Mein Mann (vice versa 'Meine Frau') erzählt mir jeden Tag Märchen!" Den Satz höre ich als Erzählerin immer wieder, wenn ich Erwachsene zu einer Märchenstunde einlade. Diese Aussage wertet Märchen ab und stellt es gleich mit alltäglichen Lügengeschichten. Dass diese Aussage an sich falsch ist, woher die Annahme kommt, Märchen seien nur für Kinder und daher 'Kinderkram' und dass Märchen genauso für Erwachsene gut sind, das will ich in diesem Blogartikel erklären.
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von Maria Weidinger 28 Juli, 2022
Diese Farnblattübung vertieft die Atmung und aktiviert die Bauchatmung, trainiert das Zwerchfell, lockert den Schulter-Nacken-Bereich und befreit den Stimmlippenbereich von Belastungen wie Schleim und weckt die Stimme. Mit meiner Anleitung gelingt es dir.
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Ich liebe die Bühne - die Bühne liebt mich
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